Der Kölner Gefangenfürsorgeverein im Austausch mit Dr. Rolf Mützenich (MdB) zu den rechtspolitischen Themen

    • Geldstrafen/Tagessätze für Menschen mit geringem Einkommen
    • Alternativen zu Ersatzfreiheitsstrafen
    • Umwandlung von Schwarzfahren von einer Straftat in eine Ordnungswidrigkeit

Diese Themenkomplexe stehen in einem engen Zusammenhang zueinander und umfassen alle wichtigen Ansätze zur Haftvermeidung. Der KGFV sieht die Notwendigkeit strukturelle Veränderungen vorzunehmen, um vor allem einkommensschwache Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen vor Kriminalisierung und Haftstrafen zu bewahren. Circa zehn Prozent der Geldstrafen werden jährlich in Deutschland in Ersatzfreiheitsstrafen umgewandelt, dies betrifft ca. 50.000 Personen.

Der Corona-Pandemie war es geschuldet, dass ein bereits seit langem geplanter Austausch zwischen dem Kölner Gefangenenfürsorgeverein und den Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag am 10.11.2020 per Telefonkonferenz stattfand. Der KGFV griff in diesem Gespräch insbesondere die Lage von Menschen auf, die aufgrund von nicht gezahlten Geldstrafen inhaftiert werden, denn mit der Geldstrafe soll im Sinne des Gesetzgebers eine mildere Strafe verhängt werden, als die Inhaftierung dies darstellt. So trifft die Geldstrafe Menschen mit geringem Einkommen und ohne Vermögen besonders, wenn sie in eine Haftstrafe umgewandelt wird. Zudem wies der KGFV darauf hin, dass allzu selten geprüft werde, ob  Betroffene überhaupt in der Lage seien, die Geldstrafe über den alternativen Weg der gemeinnützigen Arbeit abzuleisten.

Der KGFV erläuterte mit Rolf Mützenich, dass gerade „Schwarzfahren“ (Beförderungserschleichung) durch Geldstrafen sanktioniert wird. Schwarzfahren ist kriminalpolitisch gesehen ein Bagatelldelikt, dass aber zu einer Freiheitsstrafe führen kann, wenn die Geldbuße nicht gezahlt werden kann und gemeinnützige Arbeit nicht möglich ist.

Im fachlichen Diskurs werden unterschiedliche Ansätze diskutiert Schwarzfahren zu entkriminalisieren.

  • Umwandlung in eine Ordnungswidrigkeit
  • Weder Straftat noch Ordnungswidrigkeit, sondern nur zivilrechtliche Forderung
  • Kostenloser öffentlicher Nahverkehr
  • Tagesicket für 1 Euro täglich

Der KGFV hat zu dieser Frage noch keine abschließende Haltung. In der Diskussion sind neben Aspekten der Verhältnismäßigkeit auch ordnungsrechtliche und klimapolitische Zielsetzungen zu berücksichtigen sowie Grundsatzfragen der staatlichen Daseinsvorsorge.

Abschließend sicherte Rolf Mützenich zu, dass er das zu diesem Themenkomplex entwickelte Positionspapier des KGFV an die AG Recht der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag weiterleiten werde