Wir, der Kölner Gefangenenfürsorgeverein (KGFV) im Verbund mit den Trägern der Wohlfahrtspflege (SkF e.V. Köln und SKM Köln e.V.), setzen uns für die Belange Inhaftierter und deren Angehörigen ein.

Zu folgenden Themen haben wir die großen Parteien um ihre Position gebeten:

  • Geldstrafen/Tagessätzen für Menschen mit geringem Einkommen
  • Alternativen zu Ersatzfreiheitsstrafen
  • Umwandlung der Beförderungserschleichung von einer Straftat in eine Ordnungswidrigkeit

 

Geldstrafen/Tagessätze für Menschen mit geringem Einkommen:

FDP: Wir Freien Demokraten wollen eine Expertinnen- und Expertenkommission einsetzen, die die Straftatbestände auf Praktikabilität, Bedeutung und auch Wertungswidersprüche prüft. Abgeschafft werden sollten Delikte, welche aufgrund ihrer großen Zahl die Behörden besonders belasten, aber einen geringen Schaden verursachen und eher zivilrechtlicher Natur sind, aber auch opferlose Straftatbestände (wie zum Beispiel der Besitz geringer Mengen von Drogen zum Eigenkonsum).

CDU: Bereits nach geltender Rechtslage wird die Geldstrafe unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bemessen (§ 40 StGB).

Bündnis 90 / die Grünen: „Gerichte und Strafverfolgungsbehörden haben mit einer hohen Arbeitsbelastung zu kämpfen. Verfahren dauern zu lang. Hier braucht es dringend Entlastung durch mehr Personal, durch außergerichtliche Streitbeilegung, durch die Entkriminalisierung von Bagatelldelikten und durch eine flächendeckende Ausstattung der Justiz mit der nötigen Technik.“.

SPD: Es ist im Sinne der SPD, dass einkommensschwache Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen vor Kriminalisierung und Haftstrafen bewahrt werden sollen.

DIE LINKE Die Justiz in den Ländern ist in hohem Maße mit der Verfolgung von Bagatelldelikten beschäftigt. Als Beispiel seien hier nur die Kriminalisierung von Cannabis oder die Verfolgung sogenannter Schwarzfahrer genannt. Nun trifft diese im Fall des Schwarzfahrens überwiegend Menschen mit geringem Einkommen. Diese verbüßen in der Folge viel zu oft eine Ersatzfreiheitsstrafe. Ins Gefängnis zu gehen, weil man eine Geldstrafe nicht bezahlen kann, ist in vielerlei Hinsicht Unsinn.

Alternativen zu Ersatzfreiheitsstrafen:

CDU: Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit für eine Neuregelung der Ersatzfreiheitsstrafe. Schon heute haben Straftäter die Möglichkeit, auf Antrag eine Geldstrafe durch Arbeit zu tilgen oder Ratenzahlung zu beantragen (§ 42 StBG). Eine Möglichkeit zu Ersatzfreiheitsstrafen ist die Möglichkeit, ein Fahrverbot auch bei Nichtverkehrstaten zu verhängen (§ 44 StGB). Wo ein solches Fahrverbot verhängt wird, wird der Richter eine Geldstrafe anteilig reduzieren. Im Übrigen kann nach § 459f StPO bereits heute die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe unterbleiben, wenn sie für den Verurteilten eine unbillige Härte wäre.

Bündnis 90 / die Grünen: Als strategisches Ziel für Jugendliche (im Sinne des sozialen Aspekts) ist es sinnvoll, Kleindelikte, Drogen usw. zu entkriminalisieren und damit den Vollzug zu verhindern. So werden zukünftige Wege (z. B. der Start in ein erfüllendes Berufsleben) nicht „verbaut“ und einer drohenden sozialen Isolation vorgebeugt.

SPD: Gemeinsam mit den Bundesländern, die bei Fragen des Justizvollzugs zuständig sind, wollen wir über Alternativen zu Freiheitsstrafen diskutieren. Wegen kleineren Bagatelldelikten Menschen in Gefängnisse einzusperren, ist in unseren Augen nicht angemessen und kostet zudem den Staat zu viel Geld, welches in einer Kriminalitätsprävention zum Beispiel besser angelegt wäre. Zudem werden hier Menschen unverhältnismäßig kriminalisiert.

DIE LINKE Die Verhältnismäßigkeit wahren! Bagatelldelikte wie »Fahren ohne Fahrschein« und »Containern« sowie opferlose Vergehen wie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder »illegale Einreise« müssen endlich entkriminalisiert werden. Ersatzfreiheitsstrafen für Geldstrafen sind sozial ungerecht, sie gehören abgeschafft!“

In § 47 des Strafgesetzbuches ist festgehalten, dass kurze Freiheitsstrafen nur in Ausnahmefällen verhängt werden dürfen. Das Ziel: Beendung der Verfolgung dieser Bagatelldelikte. Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafen.

Umwandlung der Beförderungserschleichung von einer Straftat in eine Ordnungswidrigkeit:

FDP: Abgeschafft werden sollten Delikte, die manchmal nur moralischen Unwert bestrafen (bspw. Blasphemie oder Flaggenverbrennung). Denn das Strafrecht ist das schärfste Schwert des Rechtsstaates und darf nur als Ultima Ratio eingesetzt werden.

CDU: Wir als CDU stehen für einen starken Rechtsstaat. Daher haben wir gemeinsam mit den Ländern die Personalausstattung in der Justiz gestärkt. Die Länder schaffen mit Unterstützung des Bundes bis Ende 2021 insgesamt 2.500 neue Stellen in der Justiz. Dadurch soll die Strafe zur Stärkung der Spezialprävention (Auswirkung der Strafe auf den Täter) noch schneller unmittelbar auf die Tat folgen. Der Rechtsstaat darf vor Massendelikten nicht kapitulieren. Auch wegen ihrer generalpräventiven Wirkung sollte daher nicht auf die Strafbarkeit des Schwarzfahrens (§ 265a Abs. 1 Alt. 3 StGB) verzichtet werden.

Bündnis 90 / Die Grünen: Was das Fahren ohne Fahrschein betrifft, können wir daher aus Gesprächen mit Trägern sagen: Alles, was die Ersatzfreiheitsstrafen abschafft, ist sehr sinnvoll!

Letztendlich ist die Position der Grünen Bundespartei ein kostenloser Nahverkehr (solange der nicht kommt, 365-Euro-Jahresticket).

„Mobilität darf nicht vom Geldbeutel abhängen: Länder, Kommunen und Verbünde wollen wir dabei unterstützen, attraktive Preisangebote bis hin zu ticketlosem ÖPNV zu machen und neue Finanzierungsquellen wie eine Umlagefinanzierung zu erschließen.“ Für uns schließt sich daher das „Fahren ohne Fahrschein“ mit der Gleichsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus.

SPD: Daher sind wir für die Möglichkeiten eines 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV oder ähnliche Modellprojekte für einen ticketfreien Nahverkehr. Wir wollen die Kommunen unterstützen, die einkommensschwachen Menschen einen kostenlosen ÖPNV ermöglichen wollen.

DIE LINKE: Die Herausnahme der ‚Beförderungserschleichung“, also des sog. ‚Schwarzfahrens‘ aus dem Strafgesetzbuch halten wir auch deshalb für geboten, weil damit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes besser entsprochen wird, da beispielsweise auch das Falschparken auf gebührenpflichtigen Parkplätzen lediglich als Ordnungswidrigkeit behandelt wird.

Bild von Mika Baumeister auf unsplash