+++Stellungnahme+++

 

Die im Kölner Gefangenenfürsorgeverein von 1889 e.V. zusammengeschlossenen Träger der Straffälligenhilfe, Vetreter:innen der Justiz und Mitglieder der Stadtgesellschaft begrüßen die Debatte um eine Überarbeitung des Sanktionsrechts, die aktuell auf der Bundes- und Landesebene geführt wird und zu der inzwischen ein Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium vorliegt.

Zur weiteren Beratung des Referentenentwurfs zu einem Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionsrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt – leiten wir Ihnen unsere Stellungnahme, mit dem Fokus auf einer dringend erforderlichen Reform der Ersatzfreiheitsstrafenpraxis zu, mit der Bitte, diese in den weiteren Abstimmungsprozess einzubringen.

Geldstrafen werden in der Regel bei Bagatelldelikten verhängt. Sind die Verurteilten nicht in der Lage die Strafe zu zahlen, müssen sie stattdessen in Haft, was bei Menschen, die ohnehin in Armut leben oder von Armut bedroht sind, eine Spirale der weiteren Verelendung und gesellschaftlichen Desintegration in Gang setzen kann und in vielen Fällen in Gang setzt.

Aktionen wie das „Freikaufen“ von Verurteilten durch Mittel aus Freiheitsfonds greifen die Problematik auf und haben eine besondere Signalwirkung. Ziel aber sollte es sein, auf diese sozial in höchstem Maße diskriminierende Strafverhängung ganz zu verzichten oder sie als absolute Ausnahme einzustufen.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist sozial ungerecht

Wie oben bereits ausgeführt, trifft das Instrument der Ersatzfreiheitsstrafe vor allem Personen, die entweder aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sind, die verhängten Geldstrafen zu zahlen oder die aus gesundheitlichen, meist psychischen, Gründen nicht in der Lage sind, die drohende Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit oder andere geeignete Maßnahmen abzuwenden.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe verfehlt das Ziel

Das Strafrecht ermöglicht die Geldstrafe, um sogenannte Bagatelldelikte angemessen sanktionieren und aburteilen zu können. Dabei werden die Geldstrafen als die „mildere“ Strafe verhängt, weil eine Haftstrafe angesichts der Schwere des Deliktes unangemessen wäre. Dennoch droht zahlungsunfähigen Straftäter:innen die ungleich härtere Freiheitsentziehung, was die Idee der milderen Strafzumessung ad absurdum führt.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe produziert hohe Kosten

Durchschnittlich fallen in Deutschland Kosten von 157,00 EUR pro Inhaftierter:m pro Hafttag an. Hinzu kommen gesellschaftliche Folgekosten der Ersatzfreiheitsstrafe wie z.B. der Verlust der Arbeit und/oder der Wohnung, daher ist es nur logisch, dass im Referentenentwurf die Frage gestellt wird, ob die entstehenden Kosten in einem Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Leider greift das Konzept des Referentenentwurfs zu kurz. Der Referentenentwurf des BMJ setzt darauf, mit einer Verrechnung von Tagessätzen und Hafttagen im Verhältnis 2:1 die negativen Folgen der Inhaftierung in Bagatellfällen deutlich abmildern zu können.

Natürlich entstehen bei einer Halbierung der Hafttage entsprechend weniger Kosten – alle anderen beschriebenen negativen Folgen der Ersatzfreiheitsstrafe für arme und/oder kranke Verurteilte bleiben bestehen.

Die Idee einer (Re)Integration wird in keiner Weise eingelöst, Ersatzfreiheitsstrafen, ob nun in der 1:1 oder 2:1-Variante führen vielmehr zur (De)Integration von Menschen, die eigentlich auf Hilfe angewiesen sind.

 

Schwedischer Weg statt „schwedische Gardinen“

Sollte die Abschaffung von Ersatzfreiheitsstrafen aus gesellschaftspolitischen Gründen nicht durchsetzbar sein, wäre eine Alternative der schwedische Weg.

In Schweden kennt man sowohl die Geldstrafe als auch die Ersatzfreiheitsstrafe, jedoch wird in Schweden nur dann inhaftiert, wenn die Verurteilten materiell leistungsfähig, aber zahlungsunwillig sind. Bei Feststellen der Zahlungsunfähigkeit wird die Strafe in Schweden nicht vollstreckt, wobei die Zahlungsunfähigkeit alle zwei Jahre überprüft wird, bis nach Ablauf von 5 Jahren die Strafe verjährt.

Dieses Verfahren ließe sich in Deutschland problemlos umsetzen, wenn im Rahmen von Zwangsvollstreckungen und durch Abgabe der Vermögensauskunft Einkünfte und Vermögen offengelegt würden und auf diesem Weg die Zahlungsfähigkeit bzw. -unfähigkeit festgestellt wäre. Auch das Modell der Verjährungsfrist von 5 Jahren für Geldstrafen (über 30 Tagessätze) ließe sich unter der Maßgabe der regelmäßigen Überprüfung der Vermögensverhältnisse umsetzen.

Wir hoffen, es ist uns gelungen, Ihnen mit unseren Einlassungen die Perspektive der Betroffenen zu vermitteln.

Mit freundlichen Grüßen

 

Markus Peters                                                                                    Monika Kleine
Vorstand SKM Köln e.V.                                                                  Vorstand SkF e.V. Köln